Wärme mehrfach nutzen für mehr Effizienz
Mit dem kompletten Unternehmensneubau hat das vom Maschinenhersteller Engel für seine innovativen Lösungen ausgezeichnete österreichische Werk der Schneegans-Freudenberg Gruppe die Energietechnik mit Hilfe von Oni erneut optimiert.
Vor allem Mehrkomponentenspritzguss und Rohre mit Wasser oder Gasinjektionstechnik für die Automobilindustrie zu verarbeiten, ist das Kerngeschäft des österreichischen Standorts der Schneegans-Freudenberg Gruppe. Und das tut man hier ganz offensichtlich erfolgreich: Im Jahr 2014 wurde das Unternehmen nahe dem alten Standort komplett neu gebaut – und dabei von etwa 6000 auf 10.000 Quadratmeter Produktionsfläche erweitert. Zudem sind hier Erweiterungsflächen für eine weitere Ausbaustufe vorhanden. „In nur zwölf Monaten vom ersten Spatenstich bis zum Produktionsanlauf wurde eine hinsichtlich Energieeffizienz, Logistik, Recycling und Abfallwirtschaft optimierte Spritzgießproduktion aufgebaut,“ erklärt Geschäftsführer Heinz Schulze.
Referenz für Energiespartechnik geprüft
Ein wichtiger Punkt des neuen Konzepts: Die bereits im alten Werk begonnene systematische Senkung des Energieverbrauchs in allen Bereichen wurde weiter vorangetrieben. Neben durchweg modernen, energieeffizienten Spritzgießmaschinen von Engel spielen im Konzept die Energiespartechniken von Oni die entscheidende Rolle: So konnte beispielsweise auf eine separate Heizung in allen Gebäudeteilen einschließlich der Verwaltung von Beginn an verzichtet werden.
Aus den Erfahrungen mit einer weitgehend selbst erstellten Lösung für Beheizung und Belüftung der Produktionsflächen im alten Werk wurde für Planung und Realisierung im Neubau Oni ins Boot geholt. „Zuvor hatten wir uns bei einem ähnlichen Produktionsbetrieb umgeschaut, der vor einigen Jahren erfolgreich eine umfassende Lösung zur Senkung der Energiekosten in den Betrieb integriert hat“, erklärt Gerald Madlmayr, Leiter der Instandhaltung. Heinz Schulze ergänzt: „Wir brauchten einen Partner, der nicht nur die Technik liefern und installieren konnte, sondern einen mit hoher Flexibilität. Schließlich musste aufgrund des enormen Zeitdrucks ein Teil der Planung während der bereits laufenden Bauphase stattfinden und dann schnell umgesetzt werden.“
Ein Kreis reicht
Im Gegensatz zur typischen Spritzgießerei reicht bei Schneegans ein gemeinsamer Kühlkreislauf für Werkzeug und Maschinen – die geringe Verarbeitungstemperatur der Silikone macht es möglich. Gearbeitet wird mit 15 Grad Celsius Vorlauftemperatur, der Rücklauf liegt bei 17 bis 18 Grad Celsius. Aktuell sind 35 Spritzgießmaschinen mit Schließkräften zwischen 500 und 5000 Kilonewton mit insgesamt 250 Kilowatt Kühlleistung in das System integriert. Die anfallende Wärme heizt alle Büros, Werkstätten und Sozialräume. Die Temperatur der Produktionshallen wird über eine automatisch gesteuerte Be- und Entlüftung geregelt. Die Bodenplatte des Gebäudes dient als groß dimensionierter Wärmespeicher. Das reicht den bisherigen Erfahrungen nach, um selbst die zwei Wochen Betriebsunterbrechung über Weihnachten und Neujahr zu überbrücken. Die als Backup installierte Not-Elektroheizung wurde bislang nicht aktiviert. Um das Bild abzurunden, wird auch die Wärme der Kompressoren der Druckluftanlage genutzt: Obwohl sie dank einer elektronischen Regelung bereits vergleichsweise energieeffizient arbeiten.
Um ein wichtiges Ergebnis der integrierten Kühl- und Heiztechnik vorwegzunehmen, nennt Heinz Schulze eine harte Zahl: „Gegenüber der Situation im bisherigen Gebäude können wir – mit nun einem Jahr Erfahrung – die Energiekostenersparnis auf rund 20 Prozent beziffern.“ Darin sind auch Anteile aus verbesserter Gebäudeisolation enthalten, weit überwiegend werden die Einsparungen aber mit Hilfe der innovativen Heiz- und Kühltechnik erzielt.
Gebäude und Energiespartechnik
Das Energiekonzept berücksichtigt die spezielle Art der Produktion: Neben dem Mehrkomponentenspritzguss LSR wird auch Festsilikon verarbeitet. Dementsprechend kann eine Halle mit rund 30.000 Kubikmeter Volumen komplett gekühlt werden. Die zweite Halle mit 70.000 Kubikmeter dient dem Mehrkomponentenspritzguss und der LSR-Verarbeitung. Beide Hallen sind vergleichsweise hoch, um die Belichtung und Belüftung zu optimieren. Zudem, lassen sich Maschinen und Automatisierungseinrichtungen komfortabel rüsten. Die „Silikon-Halle“ dient darüber hinaus bei schnell wechselnden Außentemperaturen als „Puffer“ für die große Halle. Alle Spritzgießmaschinen – sowohl die Werkzeugkreisläufe wie die Hydraulikkühlung – sind an die in den Hallen verlegten Vorund Rücklaufleitungen angeschlossen. Je nach Außentemperatur wird der Rücklauf über Wärmetauscher für die Beheizung, über Freikühler und/oder Kältemaschinen geführt, um einerseits die gewünschte Vorlauftemperatur zu erreichen und andererseits die anfallende Abwärme für Heizzwecke zu nutzen. Dabei dient die gesamte Bodenplatte des Werks als großer Wärmespeicher, der auch über längere Betriebsunterbrechungen für ein ausreichendes, gegebenenfalls gegenüber dem Normalbetrieb abgesenktes, Temperaturniveau ohne Einsatz von Fremdenergie sorgt. Integriert in die Anlage sind die Regelung der Be- und Entlüftung der Produktionshallen, um ein optimales Temperaturniveau bei angenehmer Umgebungsluft zu erzielen. Die gesamte Temperiertechnik der Maschinen ist mit einigen Reserven für künftige Erweiterungen in einer möglicherweise noch anzubauenden Halle und zudem voll redundant ausgelegt.
Zu den aktuell 35 Spritzgießmaschinen bzw. Fertigungszellen sind 20 bis 30 Prozent Stellplatzreserven für weitere Maschinen vorhanden. Gleiches gilt für die Lüftung, hier wurde die „auf Zuwachs“ dimensionierte Verrohrung schon während des Neubaus verlegt. Trotz der hohen Anlagenkomplexität findet die gesamte Technologie in einem kompakten Raum Platz. Einfach zu bedienende Steuerungen ermöglichen den Mitarbeitern Eingriffe, um Erfahrungswerte aus dem laufenden Betrieb berücksichtigen zu können. „Die von Oni vorgegebenen Einstellungen und Prozesswerte passten allerdings ziemlich gut“, erklärt Gerald Madlmayr. „Bisher haben wir nur an wenigen Parametern justiert. Weitere Optimierungsmaßnahmen, also ein echtes Feintuning, werden wir möglicherweise noch im Laufe des Jahres, nach ausgiebigen Erfahrungen angehen.“ Das gelte im Übrigen auch für andere Energieverbraucher wie die Beleuchtung.“ Schließlich sei die Oni-Anlage ein wichtiger Bestandteil der Zertifizierung entsprechend der Umweltmanagementnorm ISO 14001, auf deren Basis auch die weiteren kleineren Optimierungen angestrebt werden.
Schneller zum Ziel
„Trotz des enormen Zeitdrucks hat die Installation der gesamten Kühl- und Beheizungstechnik zum jeweiligen Baufortschritt gepasst – und ist mit der Betriebsaufnahme fehlerfrei angelaufen“, resümiert Heinz Schulze das Projekt. Die laufenden Wartungen haben wir selbst übernommen, ebenso wie einige kleiner Anpassungen der Einstellungen an der Steuerung. Lediglich im Rahmen eines Servicevertrags wird einmal jährlich von Oni die Anlage gecheckt. Die zum Anlagenbetrieb erforderliche Schulung von Mitarbeitern fand im Rahmen der Abnahme statt und sei „nicht weiter zeitaufwändig“ gewesen.
Dass Schneegans-Freudenberg nahezu ausschließlich Spritzgießmaschinen von Engel im Einsatz hat, ist laut Gerald Madlmayr nicht nur der räumlichen Nähe zu verdanken: „Wir nutzen vor allem die Freiheitsgrade der Holmlos-Technik.“ Die Art der Produkte verlange häufig voluminöse Werkzeuge und eine ausgefeilte Automatisierung, aber eher unterdurchschnittliche Schließkräfte. Bei konventionellen Maschinen müsste deshalb häufig auf größere – hinsichtlich Investitionen und Betriebskosten ungünstigere – Maschinen ausgewichen werden, um ausreichenden Einbauraum und die Zugänglichkeit für die Automatisierung zu erreichen. Weniger Holm bedeute mehr Flexibilität bei Auswahl und Anordnung der Komponenten in der Fertigungszelle sowie bei der Werkzeugkonstruktion. Für eine besonders innovative Fertigungszelle rund um eine Engel Holmlos-Maschine wurde das Unternehmen im Jahr 2015 mit einem Award ausgezeichnet.
...hier finden Sie die PDF zum Download