Energieeinsparung strategisch geplant

Licht ins Dunkel bringen – das ist die Kernkompetenz des österreichischen Unternehmens ZKW. Der Spezialist für komplexe Beleuchtungssysteme im Fahrzeugbau plant das weitere qualitative und quantitative Wachstum – mit modernster Spritzgießtechnik und einer konsequenten Strategie zur Energiekostensenkung.

Ein auf den ersten Blick schmales Produktspektrum, das aber in außergewöhnlicher Tiefe, ist das – offensichtlich erfolgreiche – Konzept von ZKW. Die konsequente Konzentration auf Entwicklung und Produktion innovativer und komplexer Lichtsysteme für den Pkw-, Lkw- und Motorradmarkt haben zu einer hohen Marktdurchdringung vor allem im Premiumsegment geführt. Ganz deutlich profitiert ZKW auch von der Tendenz der Individualisierung der Lichtsysteme im Fahrzeugbau und mit deren zunehmenden Einsatz als Designelemente. Zudem ersetzen Kunststoffe immer mehr metallische Bauteile. Da ZKW die Bedampfungstechnologie im eigenen Haus betreibt, ist hier auch das Know-how zur Oberflächenveredelung beider Werkstoffgruppen vorhanden.

Die Entwicklung des Markts im Zusammenspiel mit hohem Fertigungs-Knowhow, modernsten Produktionsanlagen und innovativen Produktideen haben zum weit überdurchschnittlichen Unternehmenswachstum in den letzten zehn Jahren beigetragen. Zwar gab es auch bei ZKW einen erheblichen Einbruch in den Jahren 2008 und 2009, aber das tat der Strategie keinen Abbruch. Diese Atempause hat ZKW für verschiedene Maßnahmen zur weiteren Effizienzsteigerung genutzt, beispielsweise für das Erstellen und Umsetzen eines völlig neuen Energiekonzepts gemeinsam mit dem Energiesparspezialisten Oni und der weiteren Optimierung der Spritzgießtechnologie mit dem Maschinenlieferanten Engel.

Am Stammsitz Wieselburg, gelegen zwischen Linz und Wien, betreibt das Unternehmen rund 110 Spritzgießmaschinen mit Schließkräften zwischen 2500 und 11.000 kN, die meisten davon in der Größenklasse 6500 bis 9000 kN. Eine Besonderheit bilden Wideplate-Anlagen mit 11.000 kN Schließkraft, die aber mit der Plattengröße und Peripherie einer 17.000 kN-Maschine ausgestattet sind. Die weitaus meisten Maschinen sind von Engel, mehr als 70 sind es in Wieselburg und mehr als 30 am ZKW-Standort in der Slowakei.

 

Moderne Spritzgießtechnik beherrscht die Produktion

Der energieintensive Produktionsbereich Spritzgießtechnik war und ist der ideale Ausgangspunkt für ein neues, fortzuschreibendes Konzept zur Senkung des Energieverbrauchs im Gesamtunternehmen: Zum einen weist der Maschinenpark dank moderner Antriebs- und Steuerungstechnologie eine günstige Energiebilanz auf. Zum anderen wurden bei der Kühlenergieerzeugung für die Produktion gleich in mehreren Richtungen Energiesparpotenzial ausgemacht und erfolgreich gehoben. Die notwendige Kühlung ist besonders energieeffizient gelöst und die in Hydraulik und Kühlkreisen anfallende Wärme wird optimal weitergenutzt. ZKW hat schon seit dem Jahr 2000 Erfahrung mit verschiedenen Oni-Technologien. Nur so hat es das Unternehmen beispielsweise geschafft, den Gasverbrauch für die Beheizung der Hallen und Verwaltungseinheiten trotz enormen Wachstums über zehn Jahre konstant zu halten. Der erneute Aus- und Neubau der Verwaltung war schließlich der Anstoß, auf die nächste Stufe des Energiesparens zu springen.

 

Gesamtes Energieaufkommen sinnvoll nutzen

Bis dato wurde lediglich die Energie der Hydraulikkreise genutzt, um über Wärmetauscher die Niedertemperatur-Hallenheizungen zu speisen. Heute wird zusätzlich die Abwärme, die bei der Erzeugung von Kühlwasser für die Werkzeugkühlung über Kältemaschinen entsteht, nicht teuer vernichtet, sondern sinnvoll genutzt. Die Vorlauftemperaturen betragen für die Werkzeugkühlung 16 °C (bei 20 °C Rücklauf), für die Hydraulik 35 °C bei 42 °C Rücklauf. Die hohen Temperaturen für die Hydraulikkühlung können gefahren werden, weil alle von ZKW eingesetzten Engel-Maschinen ab Werk mit sogenannten Tropenkühlern ausgestattet wurden. Da reichen bei normalen Umgebungsbedingungen die glykolfreien, leerlaufenden Freikühler aus, um die Maschinen sicher mit Kühlwasser zu versorgen. Energieintensive Kompressoren-Kühlanlagen sind selbst bei hohen Außentemperaturen nicht erforderlich. Ebenfalls nicht erforderlich sind Druckerhöhungsanlagen an den Maschinen.

Neben den Hydraulik- und Werkzeugkühlungen der Spritzgießmaschinen werden weitere Wärmequellen im Unternehmen „abgeschöpft“: Für die Drucklufterzeugung sind Kompressoren mit Ölkühlern im Einsatz, deren Überschussenergie genutzt wird. Gleiches gilt für die wassergekühlten Kältemaschinen der Klimaanlagen.

Besonders effizient ist die gesamte Energietechnik aufgrund der Vernetzungen verschiedener Technologien und Kreisläufe. Insgesamt sind die Leistungswerte im Unternehmen beeindruckend:

  • Rund 3020 kW Kühlleistung im Bereich 35/42 °C sind über sehr kostengünstig zu betreibende Freikühler installiert. Aktuell werden davon im Bereich Spritzguss 1260 kW für die Hydraulikkühlung und 1120 für die Kühlung der Kältemaschinen benötigt. Der Rest ist für die Rückkühlung der Klima-Kälteerzeugung erforderlich. Weitere 1000 kW Reserve sind über den Einsatz von Brunnenwasser zu aktivieren.
  • Für die Werkzeugkühlung und einige andere Verbraucher im Kreislauf 16/20 °C stehen 1010 kW Kälteleistung über luft- und wassergekühlte Kältemaschinen mit Winterentlastung über Freikühler zur Verfügung.
  • Kaltwasser im Bereich 6/12 °C für die Klima- und Lüftungstechnik sowie als Reserve für die Werkzeugkühlung werden mit bis zu 2000 kW mit Kältemaschinen erzeugt.
  • Zudem dient ein Kreislauf mit 50/70 °C von 365 kW zur Wärmerückgewinnung aus der Drucklufterzeugung.

 

Diese Leistungsdaten geben reichlich Spielraum für effektive Wärmerückgewinnungssysteme: Für Büros und Hallen sowie für die Lackieranlage werden in Form von Umluftbeheizungen insgesamt 2380 kW Leistung bereitgestellt. Das entspricht bei einem Energiegewinn von rund 5200 MWH, oder – bei kalkulatorischen 50 Euro je Megawattstunde – rund 260.000 Euro pro Jahr. Dazu addiert sich die Rückgewinnung aus dem Heizwasserkreislauf auf etwa 650 MWH oder 33.000 Euro jährlich.Zu den Kosteneinsparungen aus der Wärmerückgewinnung addieren sich die erheblichen Energieeinsparungen aus dem Einsatz der Freikühler zur Winterentlastung. In einem breiten Temperaturband kann auf Einsatz von Kältemaschinen verzichtet werden.

 

Ein Hektar Bürofläche kostengünstig klimatisieren

Die drei Bürogebäude mit zusammen etwa 10.000 m² Nutzfläche entsprechend modernsten Baustandards und sind mit Grundwasser (Erdkältenutzung) klimatisiert. Die Klimatechnik benötigt im Winter eine Wärmeleistung von 400 kW für die Vorwärmung der Luft. Dieser Bedarf wird vorrangig aus der Abwärme der Produktion generiert und nur im Notfall von einer Grundwasser-Wärmepumpe gedeckt. Zudem ist eine gasbetriebene Notheizung vorhanden, die auch zur Nutzung in produktionsfreien Zeiten vorgesehen ist, sie wurde bislang jedoch noch nicht benötigt. Da der Heizwärmebedarf, bedingt durch die dynamische Unternehmensentwicklung, höher liegt als der Abwärmeanteil aus den Maschinen, wird die wassergekühlte Wärmepumpe für die Bedarfsdeckung herangezogen. Im konkreten Fall wird die Abwärme für Heizzwecke genutzt und die erzeugte Kühlenergie dem Werkzeugkühlkreis zur Verfügung gestellt. So betrieben, rechnet sich die Investition für die Wärmepumpe mit einer Amortisationszeit von etwa 18 Monaten. Ein besonders pfiffiger Nebeneffekt: Die Pumpe kann in Verbindung mit den Freikühlern auch als reine „Kältemaschine“ genutzt werden – was eine kostengünstige Redundanzmaßnahme zur Werkzeugkühlung ergibt, wenn in den Büros kein Wärmebedarf besteht.

Ein Geheimnis des Erfolgs ist – neben dem integrierten Gesamtkonzept – die Steuerung des Systems. Die richtigen Umschaltpunkte zwischen den vielfältigen Optionen zu definieren und die Frischluftzufuhr sicherzustellen benötigt einige Erfahrung. Eine ausgefeilte Visualisierung der Gesamtanlage ermöglicht die ständige Überwachung von einem zentralen Arbeitsplatz aus. Bei Fehlermeldungen kann hier sehr schnell festgestellt werden, wo eingegriffen werden muss. Auffällig ist, dass es beim Besuch in den Hallen bei ZKW Mitte Dezember 2011 der typische Kunststoffgeruch kaum vorhanden ist. Offenbar funktioniert die Be- und Entlüftung trotz der Energiesparbemühungen sehr gut.

 

Großmaschinen umrüsten in Minuten

Aktuell investiert ZKW wiederum in die Maschinentechnik. Aufgebaut wurde Ende 2011 und Anfang 2012 eine „Zwillingsanlage“ – zwei Großmaschinen Typ Engel Duo 7050/1100 WPX mit jeweils einem Linearroboter Typ Viper 60 und einem Famox- Werkzeugwechsler 25/2 mit Multikupplung, beides ebenfalls von Engel. Das Typ-Kürzel WPX in der Maschinenbezeichnung steht für Wideplate-Ausführung: Die Maschinen entsprechend in ihren technischen Daten der Serienausführung einer 11.000 kN-Maschine, der Einbauraum entspricht jedoch etwa der einer 17.000er Version.

Erstmals bedient in dieser Installation ein Werkzeugwechsler zwei Großmaschinen von Engel. Dabei steht das Akronym Famox für das Programm: Fast Mold Exchange. ZKW will mit dieser Technologie die Rüstzeiten der bis zu 23 Tonnen schweren Werkzeuge von durchschnittlich 2,5 Stunden auf etwa 6 Minuten senken. Das dürfte die Entwicklung des erfolgreichen Kernsegments von ZKW sehr entgegen kommen: Hier konzentriert man sich auf die kleineren bis mittleren Serien von Beleuchtungssystemen im eher hochpreisigen Fahrzeugsegment, die immer weiter individualisiert werden und dementsprechend häufige Umrüstungen erfordern. Typischerweise rüstet ZKW Maschinen dieser Größenordnung etwa drei Mal pro Woche um. Die Einsparpotenziale kann man sich einfach ausrechnen. Zudem macht die Wechseleinrichtung das Umrüsten erheblich sicherer, weil bestimmte Probleme und Risiken wie Beschädigungen der Formen erst gar nicht auftauchen können.

Ebenso wie die Roboter ist der Wechseltisch in die Bedienphilosophie der Spritzgießmaschine integriert. Bedienlogik, Visualisierung und Ergonomie der CC 200 Steuerung werden hier genutzt. Sämtliche Werkzeugund Maschinenparameter werden ohne externe Schnittstellen zwischen Maschine und Werkzeugwechselsystem übertragen. Die grafische Darstellung des Werkzeugwechslers lässt sich sowohl am Tisch selbst als auch an der Maschine aufrufen. Daneben sollen zwei weitere Aspekte zu den hohen Rüstgeschwindigkeiten beitragen: Die integrierte Werkzeugvorwärmstation sowie die standardisierte Multikupplung für die Medienleitungen, letztere wurde hier erstmals realisiert. Statt mit Kettenantrieben wie bei anderen Systemen üblich, arbeitet das Famox-System mit patentierten Rollendirektantrieben. Hier hat jede Rolle ihren eigenen Elektromotor, was für besondere Robustheit sorgen soll. Konzipiert ist das automatische Werkzeugwechselsystem für Werkzeuge bis 25 Tonnen Gewicht, eine kleinere und eine größere Version sind laut Hersteller in Vorbereitung.

Zudem sind die Maschinen mit ONI-Rhytemper- Temperiersystemen ausgestattet, die die Zykluszeiten senken und dabei die Qualität der optisch hochanspruchsvollen Scheinwerferkomponenten sicherstellen Neue Werkzeuge werden konstruktiv speziell auf Einsatz dieser Temperiertechnik ausgelegt. Mit dieser Anlage wird ZKW in der Lage sein, die Effizienz beim Spritzen großvolumiger, optisch und technisch anspruchsvoller Teile in einem Schritt erheblich zu verbessern.

 

Prognosen bestätigt

Energie einsparen ohne auf Leistung zu verzichten, könnte man ZKWs Investitionsstrategie zusammenfassen: In Betrieb genommen wurden in den letzten Jahren ausschließlich Spritzgießmaschinen und Peripheriesysteme, die einerseits besonders energieeffizient arbeiten, andererseits die für das technologisch anspruchsvolle Kernprodukt Beleuchtungstechnik Präzision und Konstanz gewährleisten. Mit der neuesten „Zwillingsanlage“ aus zwei Engel-Großmaschinen mit zentralem Werkzeugwechselsystem wird aktuell der nächste Effizienz- und Flexibilitätssprung durch erhebliche Senkung der Umrüstzeiten realisiert. Trotz moderner Maschinen produziert die Spritzgießtechnik zwangsläufig hohe Mengen an Abwärme – die sich sinnvoll nutzen lässt. Mit teils verblüffend kurzen Amortisationszeiten drücken Wärmerückgewinnungsanlagen die Produktionskosten nachhaltig. Allerdings ist es in den meisten Fällen nicht mit dem Einsatz simpler Wärmetauscher getan, nötig sind schlüssige Konzepte und Steuerungsmechanismen, die das Gesamtsystem auf eine attraktive Effizienzstufe heben. Dazu gehören auch Details wie die pfiffige Nutzung der „Tropenkühlung“ der Engel-Maschinen im Alpenland.

Nach rund 1,5 Jahren Echtbetrieb haben sich die Prognosewerte aus der Planung von ONI bestätigt, zeigen die bisherigen Ergebnisse. Dementsprechend wurden vergleichbare Techniken auch am ZKW-Standort in China realisiert. Hier wird mit einer längeren aber immer noch sehr interessanten Amortisationszeit von etwa 3,5 Jahren gerechnet.

 

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